Beitrag in der "Volksstimme" vom 15. Dezember 2017
Vom spannenden Leben eines Dorfschulmeisters
Lyss: Der ehemalige Lausener Paul Meier veröffentlicht seine Memoiren
Viele Jahre lang war er Lehrer in Langenbruck und Ramlinsburg. Die packenden Erzählungen des heute 91-Jährigen gehen jedoch weit über seine beruflichen Erinnerungen hinaus.
Schriftsteller werden, unterhaltsame Kurzgeschichten schreiben, so wie sein Onkel und Götti Ernst Spinnler über das Gelterchinderli, dem Bähnli von Sissach nach Gelterkinden – ein Kindheitstraum. „Jetzt bin ich stolz darauf, dass ich es so weit gebracht habe.“ Zwei Bände sind es geworden, über 550 Buchseiten gefüllt mit spannenden, nachdenklichen und köstlichen Begebenheiten. „Erinnerungen und Fiktionen eines Neunzigjährigen“, so ihr Titel. Band 1 erscheint in diesen vorweihnachtlichen Tagen, Band 2 im Sommer des nächsten Jahres. 44 Jahre lang war Paul Meier mit Herz und Seele Schulmeister, ein Grossteil davon in Langenbruck und Ramlinsburg, wo er sich 1990 pensionieren liess. Auch wenn nur wenige namentlich genannt sind, werden sich verschiedene seiner ehemaligen Schüler und Schülerinnen, Kolleginnen und Kollegen und ungezählte Weggefährten in den Memoiren wiederfinden – und ihr Schmunzeln nicht unterdrücken können.
Buchstabengetreu hat er zusammen mit seiner Familie seine beiden Werke gegliedert, Band 1 von A wie Aarberg bis zu L wie Lausen, da, wo er als Sohn eines Fabrikarbeiters und einer Weissnäherin seine ersten 16 Lebensjahre verbracht hat. „Mit Kuh und Sau im Haus eines Kleinbauern, ohne Telefon, mit Plumpsklo, alles sehr bescheiden. Aber mein jüngerer Bruder Kurt und ich erlebten trotzdem eine glückliche, behütete Kindheit“ blickt Paul Meier zurück. Weder Schriftsteller noch Kondukteur - ein anderer Bubentraum - sollte er werden, nein, seine Wege führten ihn nach Schiers in die Evangelische Lehranstalt, um sich als Lehrer ausbilden zu lassen. In Europa tobte der Weltkrieg und dies spürten auch die Internatsschüler. „Hunger war unser täglicher Begleiter. Das Brötchen zum Frühstück musste für zwei Tage reichen, meines war meist schon am ersten Tag alle. Mit Hermesetas-Tabletten, dem künstlichen Süssstoff, konnte ich meinen Magen überlisten“ erzählt Paul Meier von einer Zeit, die heute schon beinahe vergessen ist.
Am 7. Januar 1947 habe sein selbständiges Leben begonnen“, sagt Paul Meier, und meint damit seine erste Stelle als Dorfschullehrer in Langenbruck. 68 Kinder von der ersten bis zur vierten Klasse teilten sich ein und dasselbe Klassenzimmer. „Ich kam mir anfangs vor wie ein Schiffbrüchiger auf hoher See, aber es sollte bald besser werden, denn Ende des ersten Schuljahres kam der Schulpflegepräsident mit der erfreulichen Nachricht, dass ich künftig nur 58 Schüler zu unterrichten habe.“ Streng sei er gewesen und habe anfänglich noch mit Körperstrafen gearbeitet, einmal sogar die Hand zu einer Ohrfeige ausgerutscht. Dies gehe ihm heute noch nach, denn eigentlich seien die „Vergehen“ ja nur belanglose Kindersachen gewesen. Jeden Morgen habe er mit seinen Schülern ein Lied gesungen, für ihn und seine Schäfchen stets ein Aufsteller. Nach seiner Heirat und der Gründung einer Familie wollte er in Langenbruck bleiben, war bestens verankert als Leiter des Gemischten Chores und Oberturner im Turnverein. Doch seine Suche nach günstigem Bauland scheiterte und so sah sich Paul Meier 1956 nach einer anderen Stelle um. „Schade, dass der Meier geht“ so die Reaktion der Eltern, bei denen er stets Rückhalt spüren durfte. Als Offizier der Fliegerabwehr war er relativ viel im Militärdienst, was den Vater eines Schülers zur Bemerkung bewogen habe, „es wäre nun langsam Zeit, dass ihr wieder mehr Schule geben würdet als militärlen.“
Nach einer Zwischenstation in Muttenz nahm Paul Meier 1964 seinen Schuldienst in Ramlinsburg auf. „Die ersten drei Jahre war ich der einzige Lehrer auf dem Ramschbrg, habe mit 28 Kindern von der ersten bis zur achten Klasse in einem einzigen Schulzimmer gearbeitet. Es war eine gefreute Sache“, so die Erinnerung des heute 91-jährigen. Mit einem Schmunzeln erzählt er von jenem Vater, dessen vier Mädchen zu ihm in die Schule gegangen sind und sich beim Regierungsrat beklagte, „meine Kinder können nicht rechnen, schuld daran ist einzig der Meier.“ Oder jener kinderlose Landwirt, der an der Gemeindeversammlung sich so äusserte: „Meine Damen und Herren, es gibt einfach Leute, die zu viel verdienen und zu wenig arbeiten, zum Beispiel die Lehrer. Neben seinem Beruf war Paul Meier das Vereinsleben stets sehr wichtig. So hat er unter anderem lange Zeit den Singkreis Ramlinsburg sowie verschiedene Jodlerclubs wie Liestal, Muttenz und Mayenfels Pratteln geleitet.
Nach dem viel zu frühen Tod seiner Frau Sonja wollte er nicht in Ramlinsburg bleiben und baute sich ein Haus zunächst in Sumiswald später an der Lenk. In der Zwischenzeit lebt Paul Meier in Lyss und fühlt sich dort wohl, soweit es ihm sein Alter ermöglicht. „Ich sehe fast nichts mehr und höre schlecht, kann mit meinen Besuchern nicht mehr so kommunizieren wie ich möchte. Aber ich habe meine Hündin Cora, die mich jeden Tag auf meiner Runde mit dem Rollator begleitet. Zudem bin ich viel auf meinem Balkon und habe die gute Atmosphäre dieses Herbstes in mir aufgesogen.“ Begeistert spricht er von seinem grossen Fest, das er letztes Jahr aus Anlass seines 90. Geburtstages feiern durfte. Seine 170 Gäste und gegen 100 Mitwirkenden zeigten sich dabei vom seinem fast unglaublichen Erinnerungsvermögen bis zurück zum dritten Lebensjahr beeindruckt. Mitreissen lassen vom wachen Geist, von den autobiographischen Schilderungen gepaart mit Fiktionen dürfen sich auch die Leserinnern und Leser seiner beiden Erinnerungsbände. „Ja, ich bin glücklich, dass ich zusammen mit meinen Kindern diese Werke vollenden durfte“, blickte Paul Meier dankbar auf ein Leben zurück, das reicher an interessanten, spannenden aber auch tragischen Ereignissen kaum hätte sein können.
Bücher und Bestellungen
Band 1 von „Erinnerungen und Fiktionen eines Neunzigjährigen“
mit den Kapiteln "A wie Aarberg" bis "L wie Lausen" ist im Dezember 2017 erschienen
Band 2 von "Erinnerungen und Fiktionen eines Neunzigjährigen"
mit den Kapiteln "L wie Langenbruck" bis "Z wie Zweiter Weltkrieg" wird Mitte November 2018 erscheinen
Beide Bände können zum Preis von je Fr. 28.50 + Versandspesen bestellt werden bei
Dominic Meier, Chloster 5, 4305 Olsberg, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!,
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