Leseprobe Band 2, zum Beispiel...
W wie Wunder von Bern
Fussball, «die schönste Nebensache der Welt», hat auch ihre dunklen Seiten
Alle vier Jahre hat die Welt Fieber – zum Glück nur Fussballfieber. 2014 fand in Brasilien die 20. Fussballweltmeisterschaft statt. Deutschland besiegte im Endspiel Argentinien und wurde zum vierten Mal Weltmeister. Die Schweizer Nati schlug sich unter Trainer Ottmar Hitzfeld bravourös, viel besser als in Südafrika vier Jahre zuvor. Der Aufwand für die Spiele war enorm. Die Kolossalbauten verschlangen Milliarden – Geld, das anderswo besser investiert wäre. Die Armen in den brasilianischen Elendsvierteln, den Favelas, bleiben weiterhin arm. Von der WM profitierten andere. Brasilien wird Jahre brauchen, um das Defizit auszugleichen.
1954 wurde die Fussballweltmeisterschaft bei uns in der Schweiz ausgetragen. Es nahmen «nur» 16 Nationalmannschaften teil; 2014 waren es bereits doppelt so viele. Gespielt wurde in Genf, Lausanne, Bern, Basel, Zürich und Lugano. Im Vergleich zu Brasilien war dieser sportliche Grossanlass eher ein Grümpelturnier. In diesem Jahr wurden die Spiele erstmals live im Fernsehen übertragen und waren deshalb richtige Strassenfeger. Fräulein Renggli, die Besitzerin des Kurhauses Langenbruck, liess für die Gäste extra ein Fernsehgerät im Restaurant installieren. Am 23. Juni 1954 besiegten die Schweizer im Basler St. Jakob-Stadion Italien mit 4:1. Das war ein grossartiger Sieg und für die Fernsehzuschauer gleichzeitig die erste Bekanntschaft mit Mäni Weber und Heidi Abel als Fernsehmoderatoren.
Nach dem Match fuhren die Schweizer Spieler und ihre Begleiter mit dem Car über den Oberen Hauenstein nach Bern in ihr Quartier. Unterwegs machten sie Halt in Langenbruck, wo sie im Hotel Bären zu einem Bankett geladen waren. Der Musikverein spielte zum Empfang einen rassigen Marsch und der gemischte Chor unter meiner Leitung sang im Saal ein paar Lieder zur Unterhaltung. Zum Dank erhielten wir eine Ansichtskarte mit den Autogrammen aller Nationalspieler, die ich bis heute in Ehren halte.
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